Weißer Wasserstoff

 

Das ungenutzte Potenzial der Erde könnte die Energiekrise lösen

In der weltweiten Suche nach sauberen und nachhaltigen Energiequellen rückt ein lange übersehenes Element ins Rampenlicht: weißer Wasserstoff. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des US Geological Survey (USGS) wirft ein neues Licht auf die beeindruckenden Mengen dieses natürlichen Energieträgers, die in der Erdkruste schlummern. Mit geschätzten 5,6 Millionen Megatonnen wäre das Potenzial des weißen Wasserstoffs weit größer als alle bekannten Erdgasreserven. Doch kann er der Schlüssel zur klimaneutralen Energiezukunft sein?

Die Entstehung des weißen Wasserstoffs

Im Gegensatz zu grünem Wasserstoff, der durch Elektrolyse von Wasser mithilfe erneuerbarer Energien gewonnen wird, entsteht weißer Wasserstoff auf natürliche Weise in der Erde. Die führenden Theorien gehen davon aus, dass dieser Energieträger durch zwei Hauptprozesse gebildet wird:

  1. Serpentinisierung: Hier reagiert Wasser bei hohen Temperaturen mit eisenhaltigen Gesteinen und setzt Wasserstoff frei.
  2. Radiolyse: Radioaktive Elemente spalten Wasser im Gestein, wodurch Wasserstoff entsteht.

Obwohl diese Prozesse gut dokumentiert sind, sind die Mechanismen seiner Anreicherung und seines Transports in der Erdkruste noch weitgehend unerforscht.

Bourakebougou: Ein Dorf zeigt das Potenzial

Ein leuchtendes Beispiel für die Nutzung weißen Wasserstoffs liefert das Dorf Bourakebougou in Mali. Bereits 1987 wurde dort ein Reservoir entdeckt, das bis heute zur Stromerzeugung genutzt wird. Dieses Reservoir ist einzigartig und hat eine globale Diskussion angestoßen. Die Forschungen in den letzten Jahren haben zu weiteren Entdeckungen geführt, darunter in Frankreich, Australien und Albanien.

Eine gigantische Ressource mit Einschränkungen

Die Studie von Sarah Gelman und Geoffrey Ellis zeigt, dass das theoretische globale Potenzial gewaltig ist. Dennoch bleibt die wirtschaftliche Realisierbarkeit eine Herausforderung. Der Großteil der Vorkommen könnte zu tief unter der Erde liegen oder zu abgelegen sein, um gefördert zu werden. Trotzdem: Wenn auch nur 100.000 Megatonnen – also ein Bruchteil des gesamten Potenzials – wirtschaftlich förderbar wären, könnte dieser Wasserstoff die weltweiten Bedürfnisse für mindestens 200 Jahre decken.

Warum weißer Wasserstoff Hoffnung weckt

Weißen Wasserstoff umgibt ein besonderer Reiz: Er ist klimaneutral und benötigt keine zusätzliche Energie zur Herstellung. Seine Förderung könnte kostengünstiger sein als die Produktion von grünem Wasserstoff, der massive Investitionen in erneuerbare Energien und Elektrolyse-Anlagen erfordert. Dennoch ist grüner Wasserstoff bislang die einzige tragfähige Option im Übergang von fossilen Energieträgern. Die globale Produktion liegt jedoch noch auf einem niedrigen Niveau und müsste stark ausgeweitet werden, um den Bedarf von jährlich 500 Megatonnen zu decken.

USA als Schlüsselland der Suche

Die jüngste Studie der USGS identifiziert vielversprechende Regionen in den USA, darunter den Mittleren Westen, die „Four-Corners“-Region und Gebiete entlang der Ostküste. Diese Kartierung ist ein entscheidender Schritt, um die möglichen Reservoirs genauer zu lokalisieren. „Wir haben jahrzehntelang gedacht, dass natürlich vorkommender Wasserstoff keine ernstzunehmende Option ist“, sagt Sarah Ryker vom USGS. Doch die neuen Erkenntnisse könnten diese Einschätzung grundlegend ändern.

Klimaneutrale Zukunft oder Trugschluss?

Die Erwartungen an weißen Wasserstoff sind hoch. Wenn es gelingt, ihn in nennenswerten Mengen zu fördern, könnte er eine echte Alternative zu Erdgas und anderen fossilen Brennstoffen darstellen. Doch bis dahin bleiben Fragen zur Rentabilität und den ökologischen Auswirkungen seiner Förderung offen. Ob weißer Wasserstoff zum Gamechanger in der Energiewende wird, hängt letztlich von technologischen Fortschritten und den politischen Rahmenbedingungen ab.

Ein schlafender Riese erwacht

Die Entdeckung und das Verständnis von weißem Wasserstoff könnten die Energiepolitik der nächsten Jahrzehnte entscheidend prägen. Das Potenzial ist riesig, die Herausforderungen ebenfalls. Doch eine Sache ist klar: Weißer Wasserstoff ist keine Utopie mehr – er könnte eine der vielversprechendsten Energieressourcen der Zukunft werden.

 

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