Revolutioninär! Neues Reaktorkonzept für klimaneutrales Methan aus eneuerbaren Energien
Synthetische Energieträger sind kreislaufgerecht bezüglich CO2 und können erneuerbare Energie transportierbar und langfristig speicherbar machen. Künstlich hergestelltes Methan ist einer davon. Das Problem: Dessen Herstellung ist mit Energieverlusten verbunden; zudem machen bisherige Verfahren eine Aufreinigung des Methans erforderlich. Um das zu ändern, haben Empa-Forschende ein neues, optimiertes Reaktorkonzept für die Methanisierung entwickelt.
Die Energiewende verlangt nach Energieträgern, die klimaschonend
sind; das heisst, dass sie bei Herstellung und Gebrauch möglichst
geringe – im Idealfall gar keine – CO2-Emissionen verursachen. Dafür
bieten sich unter anderem synthetische Energieträger an – also solche,
die durch Umwandlungsprozesse aus erneuerbarer Energie gewonnen werden.
Denn die Nutzung solcher Energieträger erzeugt nur gerade so viel CO2
wie zuvor für deren Herstellung aus der Atmosphäre entzogen wurde.
Künstlich erzeugtes Methan fällt unter diese Kategorie. «Synthetisches
Gas bietet ein enormes Potential, wenn es aus atmosphärischem CO2 und
erneuerbar erzeugtem Wasserstoff hergestellt wird», erklärt Christian
Bach, Leiter der Empa-Abteilung Fahrzeugantriebssysteme. «Für die
Wasserstofferzeugung benötigt man neben erneuerbarer Elektrizität aber
auch viel Wasser. In unserem Mobilitätsdemonstrator «move» wollen wir
deshalb neben dem CO2 auch das Wasser für die Wasserstoffherstellung mit
Hilfe eines CO2-Kollektors des ETH-Spin-offs «Climeworks» direkt vor
Ort aus der Atmosphäre gewinnen. » Solche Konzepte liessen sich dann
künftig auch in Wüstenregionen ohne flüssige Wasservorräte umsetzen.
Die Herstellung von synthetischem Methan aus Wasserstoff und CO2 – die
so genannte Methanisierung – hat allerdings ihre Tücken. Denn das in
einem katalytischen Verfahren erzeugte Gas enthält bislang auch noch
Wasserstoff, was eine direkte Einspeisung ins Gasnetz verunmöglicht. Die
Empa-Forscher Florian Kiefer, Marin Nikolic, Andreas Borgschulte und
Panayotis Dimopoulos Eggenschwiler haben deshalb ein neues
Reaktorkonzept entwickelt, bei dem die Bildung von Wasserstoff auf der
Produktseite unterbunden wird. Damit erzielen die Empa-Forschenden eine
einfachere Prozessführung und eine bessere Eignung für den dynamischen
Betrieb, also z.B. für die Kopplung mit unstetig verfügbaren
erneuerbaren Energien. Das Projekt wird durch den Kanton Zürich,
Avenergy Suisse, Migros, Lidl Schweiz, Armasuisse, Swisspower sowie den
ETH-Rat unterstützt.
Direkte Einspeisung in Gasnetz
Das wasserstofffreie Methan wird im «move» mit der sogenannten
sorptionsverstärkten Methanisierung hergestellt. Die Idee dahinter: Das
bei der Reaktion entstehende Wasser wird während des
Methanisierungsprozesses auf einem porösen Katalysatorträger laufend
adsorbiert. Dieser kontinuierliche Wasserentzug führt dazu, dass als
Produkt lediglich Methan anfällt – in reiner Form. Damit entfällt die
Aufreinigung des (bisherigen) Produktegemisches. Das
Katalysatorträgermaterial wird nach Ende des Reaktionsgeschehens mittels
Druckabsenkung wieder getrocknet – und steht für den nächsten
Reaktionszyklus bereit. «Dieser Prozess ist flexibler und stabiler als
bisherige Verfahren, hat aber auch ein gewisses Potential für
Energieeinsparungen, da wir bei tieferem Reaktordruck fahren und auf
eine Wasserstoffabtrennung und Rückführung verzichten können. Eine
genaue Beurteilung der Energieeffizienz wird jedoch erst nach
Fertigstellung des Demonstrators möglich sein», erläutert Florian
Kiefer, Projektverantwortlicher für die sorptionsverstärkte
Methanisierung im «move».
Vom Labor zur Industrieanlage
Florian Kiefer und sein Team forschten während rund drei Jahren an einem
neuen Reaktorkonzept mit Zeolith-Pellets, die als poröser
Katalysatorträger fungieren und gleichzeitig das während der
Methanisierungsreaktion entstehende Wasser adsorbieren. Mit im Fokus
stand dabei das «Upscaling» des Verfahrens – das heisst, ein Konzept,
wie dieses Verfahren für Grossanlagen umgesetzt werden kann. Dazu hat
die Empa mit verschiedenen Industriepartnern zusammengearbeitet.
Entscheidend für die Reaktorauslegung und Prozessplanung ist dabei vor
allem die Regenerationszeit, also die für die Trocknung des Reaktors
benötigte Zeit. Um eine kontinuierliche Methanproduktion zu
gewährleisten, müssen deshalb mindestens zwei Reaktoren abwechselnd
arbeiten. Für die Trocknung der Reaktoren ist zudem ein geeignetes
Wärmemanagement zentral, entweder durch die Ableitung der Wärme aus dem
Reaktor oder durch die interne Speicherung von Wärme im Katalysatorbett.
In diesem Bereich hat Kiefers Team ein Patent angemeldet.
Synfuels flexibilisieren das Energiesystem
Synfuels lassen sich in herkömmlichen Benzin-, Diesel- oder
Gasfahrzeugen nutzen. Der Nachteil bei der Herstellung von Synfuels sind
die Umwandlungsverluste. Bei der Herstellung von Synfuels aus
erneuerbarem Strom geht heute rund 50% der Primärenergie verloren. Diese
Verluste können in Zukunft voraussichtlich auf 40 bis 45% gesenkt
werden. Ökonomische Betrachtungen zeigen, dass Synfuels dort
sinnvoll sind, wo eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist – zum
Beispiel beim Langstrecken- und Lastverkehr, in Frachtschiffen und
Flugzeugen.
Betrachtet man das gesamte Energiesystem, dann haben Synfuels
einen entscheidenden Vorteil: Diese Energieträger lassen sich einfach
über weite Strecken transportieren, weshalb auch weit entfernte
erneuerbare Energieressourcen erschlossen werden können. Zudem können
sie über längere Zeiträume verlustfrei gespeichert werden. Sie erlauben
damit die erforderliche Flexibilisierung des einheimischen,
regenerativen Energiesystems.
(Quelle: https://idw-online.de/de/news807776 )